Wiener Kaufrecht und Produkthaftung – interessante Entscheidungen des frz. Kassationsgerichtshof

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf (CISG) ist Bestandteil des deutschen wie des französischen Rechts. Soweit also eines dieser beiden Rechte Anwendung findet, sei es durch Geltung eines dieser beiden Rechte (Art. 1 a) CISG), sei es durch Parteivereinbarung (Art. 1 b) CISG) gilt das Übereinkommen. Es tritt an die Stelle der nationalen Kaufrechtsvorschriften.

Das Konkurrenzverhältnis zwischen dem CISG und Ansprüchen aus Produkthaftung, also der Frage, ob neben dem Übereinkommen Ansprüche auch aus Produzentenhaftung geltend gemacht werden können, ist eines der „klassischen“ Probleme des CISG. Dazu gibt es eine ganze Reihe unterschiedlicher Entscheidungen nationaler Gerichte. Die Meinungen über diese Frage gehen auch in der Rechtsliteratur auseinander.

Dieses Problem war Gegenstand eine Entscheidung des französischen Kassationsgerichtshofs vom 17. 5. 2023 (Cass. civ. 1ère, 22-16.290), der Anlass zu diesem Newsletter gibt.

Das Produkthaftungsrecht innerhalb der Europäischen Union beruht auf der europäischen Produkthaftungsrechtlinie RL 85/374; sie ist in Deutschland mit dem ProdHaftG und mit einiger Verzögerung auch in Frankreich mit den Artikeln 1245 – 1 bis 1245-17 Code civil umgesetzt worden. Während die ProdukthaftungRL 85/374 so wie auch des ProdHaftG nur für den Verbraucherbereich gelten, hat der französische Gesetzgeber die Anwendung auf den gewerblichen Bereich erweitert. Das CISG gilt seinerseits nur für B – 2- B Geschäfte (Art. 2 a) CISG). Durch diese unterschiedlichen Anwendungsbereiche kann es in Deutschland nicht zu einer Kollision des Produkthaftungsrechts mit dem CISG kommen; in Deutschland stellt sich das Problem der Anspruchskonkurrenz nur mit den Vorschriften über Unerlaubte Handlung, §§ 823 BGB ff.

Im französischen Recht konkurrieren das CISG und die Produkthaftungsvorschriften hingegen. Die Konkurrenz ist umso direkter als das französische Recht in Übereinstimmung mit der europäischen RL vertragliche Ansprüche ausdrücklich zulässt (Art. 13 RL 85/374 und Art. 1245 – 17 Code civil).

Hieraus können sich ernsthafte Konkurrenzprobleme ergeben. So enthält das CISG eine Untersuchungs- und Rügepflicht (Art. 38 Abs. 1 und 39 Abs. 1 CISG). Wenn die mangelnde Vertragsgemäßheit nicht innerhalb einer angemessenen Frist gerügt wurde, verliert der Käufer seine Rechte (Art. 39 Abs. 1 CISG). In jedem Fall können mit Ablauf von zwei Jahren nach Lieferung keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden (Art. 39 Abs. 2 CISG).

Ganz anders nach Produkthaftungsrecht: Es gibt keine Untersuchungs- und Rügepflicht. Schadensersatzansprüche wegen Sicherheitsmängeln können bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Schadensereignis geltend gemacht werden (Art. 1245-16 cc). Daneben gibt es die Ausschlussfrist von 10 Jahren nach Inverkehrbringen der Sache (Art. 1245-15 cc). Nach Produkthaftungsrecht kann allerdings ein Schaden an dem Produkt selbst nicht geltend gemacht werden (Art. 1245 cc in Übereinstimmung mit der RL 85/374).

Es liegt also auf der Hand, dass es im französischen Recht zu Situationen kommen kann, wo der Käufer seine Rechte nach dem CISG verloren hat und nun versucht, mittels Produkthaftungsansprüchen zum Erfolg zu kommen.

Der französische Kassationsgerichtshof hat in seinem Urteil vom 17. 5. 2023 zu dieser Anspruchskonkurrenz Stellung genommen. Er hat festgestellt, dass neben dem CISG keine Ansprüche aus Produkthaftung geltend gemacht werden können und sich dabei auf Art. 7 Abs. 2 CISG gestützt. In casu ging es um Art. 79 CISG, die weitergehenden Entschuldigungsgründe zulässt als das Produkthaftungsrecht. Nach Ansicht des französischen Kassationsgerichtshofs kann sich der Verkäufer mittels Art. 79 CISG entlasten, was aufgrund des Produkthaftungsgsrechts nicht möglich ist. Ein Anspruch aus Produkthaftungsrecht ist dem Käufer folglich verwehrt.

Bemerkenswerterweise hat derselbe Kassationsgerichtshof in einer gerade einen Monat vorher ergangenen Entscheidung vom 19.04.2023 (Cass.civ. 1, 22-23.726) bei Geltung des nationalen Kaufrechts eine Anspruchskonkurrenz zum Produkthaftungsrecht zugelassen. Vor allem der Anspruch aus Kaufrecht auf Ersatz des Schadens am Produkt ergänzt den aus Produkthaftungsrecht auf die Folgeschäden des mangelhaften Produkts.

Diese Rechtsprechung hat für den deutsch-französischen Rechtsverkehr wichtige Auswirkungen. Wenn französisches Recht Anwendung findet, gilt damit das CISG, was dem französischen

nationalen Kaufrecht vorgeht. Dann können darüber hinaus zwischen den Vertragsparteien keine Ansprüche aus Produkthaftung mehr geltend gemacht werden.

Schließt man hingegen bei der Rechtswahl des französischen Rechts das CISG aus, kommt es nicht nur zur Anwendung der nationalen Kaufrechts (mit seinen bekannten Vorschriften über „vices cachés“(versteckte Mängel), sondern auch zur Anwendung des Produkthaftungsrechts.

Je nachdem, ob man Käufer- oder Verkäuferinteressen vertritt, kann diese Rechtslage in der einen oder anderen Weise ausgenutzt werden.

Für Fragen steht Ihnen unser German Desk jederzeit zur Verfügung.

Nicola Kömpf

Avocate/Rechtsanwältin

Dr. Friedrich Niggemann

Avocat honoraire/Rechtsanwalt

Reform der französischen Arbeitslosenversicherung: Beginn der Verhandlungen auf Januar verschoben – Jetzt handeln!

Nicola Kömpf, Partnerin der Kanzlei Alerion Avocats und Leiterin des German Desk, informiert Sie über den neusten Stand der Reform der französischen Arbeitslosenversicherung.

Die frz. Regierung und die Sozialpartner verhandeln nun Anfang Januar – und nicht wie ursprünglich geplant diese Woche – über die Einsparungen, insbesondere im Rahmen von « ruptures conventionnelles » (Aufhebungsvereinbarungen).

– Hintergrund: Rund 515.000 solcher Vereinbarungen 2024 verursachten 9,4 Mrd € an Ausgaben.

– Eile geboten: Bereits geplante ruptures conventionnelles sollten schnellstens vor Inkrafttreten der Reform konkretisiert werden.

Im Klartext:

– Arbeitnehmer stehen unter Druck, bevor neue Regeln gelten – evtl. längere Wartezeiten oder reduzierte Ansprüche.

– Arbeitgeber sollten bestehende Absprachen schnell abschließen oder anpassen, Risiko höherer Abgaben.

– Das System steht vor einer heiklen Balance zwischen Kostendruck und sozialem Schutz.

Bei Fragen steht Ihnen unser German Desk gerne zur Verfügung.

Doing Business in Deutschland und Frankreich: Nicola Kömpf beim DFJ/AJFA-Jahreskongress“

Nicola KÖMPF, Avocat au barreau Paris und Rechsanwältin in Berlin, Leiterin des German Desk von Alerion Avocats in Paris, hatte das Vergnügen, gemeinsam mit Herta Weisser, Rechtsanwältin bei Weisser Legal, Dresden, am 25. September in Düsseldorf zum Thema „Doing business in Deutschland und Frankreich – Gesellschaftstypen im Vergleich ” (GmbH / SARL und AG / SAS) im Rahmen des gemeinsamen Jahreskongresses der DFJ (Deutsch-Französische Juristenvereinigung) und der AJFA (Association des juristes français et allemands) vorzutragen.

Alerion Avocats auf der Jahrestagung der International Bar Association 2025 in Toronto

Wir freuen uns sehr, an der Jahrestagung der IBA in Toronto vom 2. bis 7. November teilzunehmen.


Unsere Kolleg:innen Jacques Bouyssou, Pierre-Olivier Brouard, Nicola Kömpf, Jérémie Mancel-Cottrel und Antoine Rousseau bilden in diesem Jahr das Alerion-Team.

Nehmen Sie an der IBA 2025 teil? Zögern Sie nicht, sie für ein Treffen in Toronto zu kontaktieren: ibatoronto@alerionavocats.com

Flash News German Desk

Wichtige Nachricht für Geschäftsführer, Präsidenten, Generaldirektoren, Vorstandsmitglieder, usw. von frz. Gesellschaften

Ihre Privatadresse muss nicht mehr im frz. Handelsregister öffentlich zugänglich gemacht werden, oder wenn sie veröffnetlicht wurde, kann man seit dem 25. August beantragen Sie unkennlich zu machen.

Diese Möglichkeit wurde in Artikel R. 123-54-1 des frz. Handelsgesetzbuches eingeführt und eröffnet allen in Artikel R. 123-54 genannten natürlichen Personen die Möglichkeit, die Vertraulichkeit ihrer Angaben zum persönlichen Wohnsitz zu beantragen. Der Zugang ist dann nur noch den in Artikel R. 123-54-2 des frz. Handelsgesetzbuches genannten Personen (Polizei, Gerichte, Steuer- und Zollbehörden, usw.) möglich.

Diese Maßnahme zielt darauf ab, die Sicherheit und Privatsphäre zu schützen und gleichzeitig die für das reibungslose Funktionieren des Wirtschaftslebens unerlässlichen Transparenzanforderungen aufrechtzuerhalten.

Wie geht man konkret vor?

Der Antrag auf Schwärzung wird über die zentrale Stelle für Änderungen im Handelsregister (Guichet unique) gestellt. Die Bearbeitung hat binnen maximal fünf Werktagen zu erfolgen.

Zwei Fallkonstellationen sind möglich:

– Schwärzung des Wohnsitzes im Handelsregisterauszug (extrait k-bis), damit diese nicht mehr auf dem öffentlich zugänglichen Auszug erscheint.

– Schwärzung in den beim Handelsregister schon hinterlegten Unterlagen: Wenn ein Dokument bereits veröffentlicht wurde, kann zusätzlich eine neue Fassung, in der die Information unkenntlich gemacht wurde, eingereicht werden, so dass zukünftig nur noch diese Fassung öffentlich zugänglich ist.

Nicola Kömpf zur Co-Vorsitzenden der Rechtskommission der AHK Frankreich / Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer (CFACI) gewählt wurde.

Wir freuen uns, bekannt zu geben, dass Nicola Kömpf, Partnerin und Leiterin des German Desk bei Alerion Avocats, zur Co-Vorsitzenden der Rechtskommission der AHK Frankreich / Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer (CFACI) gewählt wurde.

Sie wird dieses Amt gemeinsam mit dem Co-Vorsitzendem Jörg Letschert sowie den Schriftführer:innen der Kommission, Nathalie Sinavong und Aymeric Le Goff, und Aurore Libéral, ex officio Mitglied des Vorstands, ausüben.

Herzlichen Glückwunsch an Nicola zu dieser Ernennung – ein Zeichen ihres starken Engagements für den deutsch-französischen juristischen Dialog.

In einer dritten Episode des Alerion Podcasts diskutiert Nicola Kömpf mit ihrer Kollegin, Almut Diederichsen, das Thema, ob man das deutsche Recht in deutsch-französischen Verträgen wirklich fürchten muss

In einer dritten Episode des Alerion Podcasts diskutiert Nicola Kömpf mit ihrer Kollegin, Almut Diederichsen, das Thema, ob man das deutsche Recht in deutsch-französischen Verträgen wirklich fürchten muss. (…)

Wenn Sie den Podcast in Französisch hören möchten, klicken Sie bitte hier https://podcast.ausha.co/les-podcasts-d-alerion-avocats/episode-3-contrats-commerciaux-cross-border-franco-allemands-avec-nicola-kömpf

VORTRAG AKTUELLEN THEMEN IM DEUTSCH-FRANZÖSISCHEN ARBEITSRECHT vorgetragen

Nicola KÖMPF Avocate associée/Rechtsanwälte, Leiterin des German Desk der Kanzlei Alerion Avocats und Mathilde Gicquel, Avocate, collaboratrice des German Desk der Kanzlei Alerion Avocats, haben am 30. September 2024 im Rahmen einer Sitzung des Rechtsausschusses der Deutsch-Französischen Handelskammer Paris ( AHK/CFACI) in den Räumen der Kanzlei Taylor Wessing, zu

VORTRAG AKTUELLEN THEMEN IM DEUTSCH-FRANZÖSISCHEN ARBEITSRECHT vorgetragen.

Insbesondere wurden die neue Berechnung von Urlaubstagen nach Abwesenheit wegen Krankheit, der Umgang mit „burn out“ von Arbeitnehmern, Homeoffice im Ausland und die Anerkennung von illoyalen Beweismitteln erörtert.  

Nicola Kömpf, Rechtsanwältin in Paris und Berlin, hat gestern bei Alerion Avocats die Jahrestagung des Deutschen Anwaltvereins in Frankreich (AAF / DAV Frankreich), unter dem Vorsitz von Frau Dr. Antje Luke empfangen

Nicola Kömpf, Rechtsanwältin in Paris und Berlin, hat gestern bei Alerion Avocats die Jahrestagung des Deutschen Anwaltvereins in Frankreich (AAF / DAV Frankreich), unter dem Vorsitz von Frau Dr. Antje Luke, in Kooperation mit den Arbeitsgemeinschaften Internationales Wirtschaftsrecht und  Handels- und Gesellschaftsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) zu einem im Rahmen der verstärkten europäischen Zusammenarbeit höchst aktuellen Thema, empfangen:

„ Joint-Venture Gesellschaften – Welche Besonderheiten aus der Sicht des deutschen und französischen Rechts? „

Dies war auch eine Gelegenheit für die Mitglieder der AAF / DAV, sich auszutauschen und in einem geselligen Rahmen zusammenzukommen.

VIDEO Teil 4 | Ideen zum Thema : Wie kann ich den deutschen Markt erobern ?

Wirtschaftsrecht: Mit Alerion über die Zukunft sprechen.

Das Wirtschaftsrecht ist einem ständigen Wandel unterworfen. Die wirtschaftlichen Zwänge erfordern eine stetige und immer schnellere Anpassung. Steuern, Vermögen, Gesellschaftsrecht, Wettbewerbsrecht, geistiges Eigentum, Arbeitsrecht…

In Form einer Reihe von Videointerviews (in Französich mit englischen Untertiteln) teilen die Anwälte der Kanzlei Alerion avocats ihre praktischen Analysen mit Ihnen.

Nicola KÖMPF, Partnerin und Leiterin des German Desk bei Alerion avocats in Paris, teilt in diesem Video mit Ihnen Ihre Erfahrung und Ideen, wie Sie den deutschen Markt mithilfe einfacher, aber hochqualifizierter,  Ratschläge  erobern können. Ob Sie eine Zusammenarbeit mit einem deutschen Handelsvertreter planen, ein Unternehmen in Deutschland gründen oder einfach nur das deutsche Arbeitsrecht verstehen wollen, dieses Video enthält nützliche Ratschläge und bietet Ihnen klare Perspektiven.

Wenn Sie mehr wissen möchten, steht Ihnen unser Expertenteam des German Desk gerne zur Verfügung.

Video erstellt von @uplawder8337

Zusammenfassung der Datenschutzpolitik

Am Januar 2020 online gestellte Fassung

Als Verantwortlicher für die Verarbeitung legt Alerion besonderen Wert auf den Schutz Ihrer personenbezogenen Daten (nachfolgend „Personenbezogene Daten“ oder „Daten“), so wie diese in der Verordnung (EU) 2016/679 über den Schutz personenbezogener Daten und in der geänderten Fassung des französischen Datenschutzgesetzes „Informatique et Libertés“ Nr. 78-17 vom 6. Januar 1978 (nachfolgend gemeinsam die Datenschutzvorschriften) definiert sind.

Ziel der vorliegenden Datenschutzrichtlinien ist es, klar zu erläutern, wie Alerion Ihre Personenbezogenen Daten erhebt, speichert, nutzt und verbreitet, wenn Sie die Website, die insbesondere über die Webadresse https://www.alerionavocats.com/ zugänglich ist (die „Website“), aufrufen und/oder wenn Sie die auf der Website angebotenen Leistungen oder Informationen erhalten möchten (die „Leistungen“).

Die vorliegende Datenschutzpolitik wird gegebenenfalls durch unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergänzt, die den Honorarvereinbarungen von Alerion beigefügt sind, sowie durch die Informationen in unseren Datenerfassungsformularen.

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