Zwingende Mitarbeitergespräche nach französischem Recht oder was viele ausländische Arbeitgeber nicht wissen!

25 Juni 2021
Nicola Kömpf, Friedrich Niggemann, Mathilde Gicquel

UPDATE : Das frz. Arbeitsministerium hat kurzfristig entschieden, die Fristen für die „entretiens professionnels“ (Mitarbeitergespräche) bis zum 30. September, statt nur bis zum 30. Juni, zu verlängern.

Achtung, vor dem 30. September 2021 müssen die „entretiens professionnels“ (Mitarbeitergespräche bezüglich der beruflichen Situation sowie Perspektiven und Fortbildung) durchgeführt werden.

In Deutschland werden Mitarbeitergespräche als Maßnahmen der Personalführung eingesetzt und erfolgen in verschiedenen Zeitintervallen, die meistens vom Arbeitgeber vorgegeben werden.

In Frankreich gibt es strenge gesetzliche Vorgaben, in welchen Intervallen welche Art von Gespräch mit den Arbeitnehmern durchgeführt werden muss. Gegebenenfalls können Tarifverträge oder Betriebsordnungen jeweils kürzere Zeitperioden vorsehen.

Neben verschiedenen anderen Mitarbeitergesprächen (z.B. für Mitarbeiter mit Jahrestagespauschale („forfait jours“) oder Telearbeiter) gibt es zwei Hauptarten von Mitarbeitergesprächen, einerseits die sog. „entretiens professionnels“, die Thema dieses Newsletters sind, und die sog. „entretiens d’évaluation“, d.h. die Jahresgespräche, wo Arbeit und Leistung im vergangenen Jahr und Ziele und Entwicklung für die Zukunft thematisiert werden.

Letztere sind nicht zwingend, es sei denn, der anwendbare Tarifvertrag oder die Betriebsordnung sehen etwas Gegenteiliges vor. Sie sind jedoch üblich und tragen positiv zur Personalentwicklung bei.

Die „entretiens professionnels“ sind in Art. L.6315-1 des französischen Arbeitsgesetzbuchs verankert und haben seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2014 an Wichtigkeit gewonnen.

Hier ist zu unterscheiden zwischen regelmäßigen „entretiens professionnels“ alle zwei und alle sechs Jahre und den Gesprächen, die nach einer längeren Abwesenheit (Mutterschutz, Elternurlaub, Langzeitkrankheit, etc.) eines Mitarbeiters geführt werden müssen.

Letztere müssen vom Arbeitgeber angeboten werden, der Arbeitnehmer kann diese jedoch wahrnehmen oder nicht.

Die anderen regelmäßigen „entretiens professionnels“ sind für Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite grundsätzlich Pflicht.

Aufgrund der sanitären Krise wurde die Frist für alle Gespräche („entretiens professionnels 2 ans/6 ans“), die zwischen Januar 2020 und Juni 2021 hätten stattfinden müssen, bis zum 30. September 2021 verlängert.

Arbeitgeber müssen sich daher nun schnell organisieren, um diese Gespräche vor oder nach den Sommerferien umzusetzen.

Inhalt der Gespräche alle 2 Jahre müssen die berufliche Situation/Ausbildung des Arbeitnehmers in Bezug auf seinen Arbeitsplatz sein, sowie eine ausführliche Belehrung zu seinen Rechten auf Fortbildung, während und außerhalb der Arbeitszeit, die Möglichkeit, qualifizierende Diplome durch Arbeit zu erwerben, als auch ein Vorschlag, wie die berufliche Karriere weiterentwickelt werden könnte, etc.

Die Gespräche alle 6 Jahre unterliegen strengeren Vorschriften, insbesondre muss nachgewiesen werden, dass Fortbildungen, sowohl zwingende als auch mindestens eine nicht zwingende, durchgeführt wurden.

Von diesen Gesprächen ist ein Protokoll zu erstellen, das vom Arbeitgeber und Mitarbeiter zu unterzeichnen ist.

Auch wenn Sanktionen bei Nicht-Einhaltung dieser Gesprächspflichten, nur für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern, ausdrücklich vom französischen Gesetzgeber erlassen wurden, werden diese Themen meistens von den Betriebsräten („Comité social et économique“ ab 11 Arbeitnehmern) oder im Rahmen der Anfechtung von Kündigungen aufgegriffen.

Sollten Sie Fragen zu diesen Themen haben, steht unser German Desk gerne zu Ihrer Verfügung.

Nicola Kömpf, Partner, Friedrich Niggemann, Of counsel und Mathilde Gicquel, Angestellte Rechtsanwältin.